Symposium zur Sport(stätten)entwicklung: Sport und Bewegung stehen im Fokus der Kommunen
Potsdam. „Städte in Bewegung – Ziele, Bausteine und Potenziale einer zukunftsorientierten Sport(stätten)entwicklung“ hieß es anlässlich eines internationalen Symposiums im Kongresshotel Potsdam – „was für ein Titel für diese Veranstaltung. Extrem und auslegungsfähig“, bekräftigte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Sportämter (ADS), Traudchen Perrefort,. Und sie sollte Recht behalten: „Ich bin überzeugt, dass es ein ansprechender Tag wird mit vielen Lösungsansätzen“, hatte sie in ihrer Begrüßung prophezeit.
Gut 60 Gäste hatte Manfred Wothe, Geschäftsführer der Europäischen Sportakademie Land Brandenburg (ESAB), Potsdam, zuvor begrüßt und sich bei allen Beteiligten bedankt, die dieses Symposium auf die Beine gestellt hätten. Grüße überbrachte er von Dr. Martina Münch, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, die auch Schirmherrin der Veranstaltung war. Teilnehmer des Symposiums waren auch Vertreter des Europäischen Netzwerkes der Akademien des Sports, die sich zu einer Arbeitstagung in Potsdam getroffen hatten.
Sportämter-Vorsitzende Traudchen Perrefort: Sportverwaltung als Querschnittsverwaltung begreifen
Es sei eine Notwendigkeit, die Sportverwaltung als Querschnittsverwaltung zu begreifen und mit anderen Ämtern auf Augenhöhe zu kooperieren, hatte die ADS-Vorsitzende zuvor vor einem internationalen Zuhörerkreis bei dem Symposium des Instituts für kommunale Sportentwicklungsplanung und der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam gesagt, dessen Träger die Europäische Sportakademie Land Brandenburg (ESAB), Potsdam, ist.
„Gute Lösungen wollen durchdacht und gut überlegt sein“, sagte Expertin Perrefort. Deshalb sei ein „früher Schulterschluss zur Sportwissenschaft mit vielen gelungenen Beispielen“ wichtig. Sport und Bewegung stünden in den Kommunen immer stärker im Fokus. „Und wir sind als ADS dabei.“ Im Übrigen sei es „eine Ehre, an diesem internationalen Symposium „teilnehmen zu dürfen. Wir sind eine Arbeitsgemeinschaft, also arbeiten wird. Und wir lernen immer noch dazu, obwohl wie schon einige Jahrzehnte alt sind.“
Barsuhn: „Sanierungsbedarf von Sportstätten ist ein großes Thema“
Professor Dr. Michael Barsuhn (40), Professor für Sportmanagement und -entwicklung an der Fachhochschule für Sport und Management der ESAB, stellte an seinem Geburtstag die „kommunale Sportentwicklungsplanung als strategisches Steuerungsinstrument für Städte und Gemeinden in Deutschland“ vor.
Und er beleuchtete intensiv „ein großes Thema“. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) schätze den Sanierungsbedarf von Sportstätten nach wie vor auf mehr als 40 Milliarden Euro, andere Behörden und Ämter gingen von noch höheren Zahlen aus.
Das Zeitfenster für eine integrierte Sportentwicklungsplanung (ISEP), wie die Hochschule sie anbiete, sei etwa zehn bis zwölf Jahre, die Entwicklungsplanung dauere bis zu eineinhalb Jahre für dieses vom Deutsche Städtetag und dem DOSB anerkannten Planungsverfahren.
Es erfolge immer eine „differenzierte Analyse des lokalen Sportverhaltens der Bürger in einer Kommune“ sowie eine Befragung der nichtaktiven Bürger. In Brandenburg seien etwa 85 Prozent der Bürger nicht in einem Verein organisiert.
Investitionsmittel müssten „zielgerichtet eingesetzt werden“, deshalb gebe es einen für die Kommunen einen sozialen und ökonomischen Mehrwert in der kommunalen Sportentwicklungsplanung“. Fachhochschule betreut nach Angabe von Michael Barsohn derzeit Projekte in sieben Bundesländern.
Rode „Mehr Bewegung ist der Schlüssel für mehr Lebensqualität“
Professor Dr. Jürgen Rode, Vorsitzender des Instituts für kommunale Sportentwicklungsplanung Potsdam, referierte zum Thema „Stadträume in Bewegung – Ideen für eine bewegungsaktivierende Infrastruktur“. Oft würden Sportvereine „als ein Moloch“ angesehen, die immer nur Geld forderten. Ob das wirklich so sei?
Eines sei klar: Wenn die Anforderungen an Sportanlagen im Schulsport erfüllt würden, würden die gesamten Bedarfe in Sportvereinen miterfüllt werden. Rode: „Sport ist Bestand einer Stadtentwicklung und gehört immer mit dazu.“ Man könne sich fragen: Was trägt der Sport zum Erreichen der Ziele bei? Sind Vereine als Partner der Kommune so förderwürdig, wie sie das einfordern? Welche Rolle nehmen Sport und Bewegung ein?
Sportvereine leisten laut Rode „einen ganz wichtigen gemeinwohlorientierten Beitrag zur Stadtentwicklung. Mehr Bewegung ist der Schlüssel für mehr Lebensqualität.“ 80 bis 85 Prozent der Menschen bewegten sich in irgendeiner Form. Rode führte dafür einen Studienvergleich zwischen den Kommunen Schweinfurt, Schwerin, der Region Nord und der Ostseeinsel Fehmarn an.
Der Trend zum selbstorganisierten Sport präge den Alltag und habe Einfluss auf das Sporttreiben – das sei auch ein internationaler Trend. Die klassischen Motive Erfolg, Wettkampf und Leistung würden durch Spaß, Wohlbefinden, Gesundheit und Fitsein abgelöst. Aktivitäten finden, so habe die Studie ergeben, überwiegend außerhalb traditioneller Sportstätten auf Wald- und Parkwegen statt sowie auf Straßen und Radwegen.
Es ginge auch um ein stark gewachsenes Gesundheitsbewusstsein und ein nicht ausreichendes Bewegungspensum. Eine Forderung sei: Aus Sportstätten müsste dringend eine Sportraumplanung werden, vorhandene Räume sollten zu Sportstätten für Breitensport umgewandelt werden.
Rathmes: Jeder Sanierungsbedarf zieht ein Finanzierungsproblem mit sich
Kurt Rathmes stellte den Besuchern die Ergebnisse einer Breitensportentwicklungsstudie für die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens vor, die sich im Frühjahr in Ostbelgien umbenannt hat. Rathmes ist Fachbereichsleiter für Sport, Medien und Tourismus im Ministerium Ostbelgiens mit Sitz in Eupen. Dazu gehören 76.328 Bürger, neun Gemeinden, 256 Vereine, 16 Sportfachverbände, mehr als 25.000 Aktive, mehr als 360 Sport- und Bewegungsräume.
„Wir hatten uns gefragt: Wie können wir uns positionieren – wohlwissend, dass die Politik in den nächsten Jahren weniger Mittel zur Verfügung hat. Und welche Sportstätten werden benötigt?“, erläuterte der Rathmes. In der Studie habe es über den Eurosportpool und die Europäische Akademie des rheinland-pfälzischen Sports in Trier eine enge Zusammenarbeit gegeben – allesamt Kooperationspartner im Europäischen Netzwerk der Akademien des Sports.
Faktoren wie Demografie, Veränderung im Sport und Freizeitverhalten, Entwicklungen in der Schul- und Vereinslandschaft, Kombination zentraler und dezentraler Sportangebote, Einbindung der Gemeinden – das sei alles zu berücksichtigen.
Daraus hätten sich zehn Handlungsempfehlungen ergeben. Beispiele:
- Weitere Nutzung der Potenziale von Sport, Natur und Tourismus in Ostbelgien.
- Stärkung des Ehrenamtes, die Vereinsentwicklung begleiten und unterstützen.
- Weiterentwicklung des Miteinanders von Schul- und Vereins- sowie Breiten- und Leistungssport. Konzept: „Fitte Schule“, Kindergartenpflicht für ab Dreijährige.
- Schwerpunkte für Kinder, Jugendliche, Senioren und Gesundheitssport.
- Bestandserhebung als Grundlage zur Förderung des Breiten- und Leistungssports.
- Vernetzung und Kooperation im Sport optimieren.
Probleme müssten gelöst werden, sagte Rathmes. So müssten jetzt eigentlich fünf Schützenfesthallen saniert werden, allerdings bei fallenden Mitgliederzahlen. Jeder Sanierungsbedarf ziehe ein Problem der Finanzierung mit sich – und diesen Problemen müsse man sich stellen.
Unter der Moderation von Professor Dr. Ditmar Wick, erster Vizepräsident für Lehre, Forschung und Weiterbildung der Fachhochschule für Sport und Management Potsdam der ESAB, wurden weitere Good Practice-Beispiele dem interessierten Publikum vorgestellt:
- Bewegungsparks und multifunktionale Sportstätten durch Diplom-Ingenieur Wolf Ahner vom Freiraumplanungs- und Landschaftsarchitektenbüro Ahner/Brehm.
- Robert Vogel, Master of Education in Sport und Geografie und Gründer von Share-Sports, beleuchtete einen individuellen Zugang zu Bewegungs- und Sportmöglichkeiten in Stadträumen durch ein Sharingsystem – gleichfalls eine hochinteressante Möglichkeit, Sport zu ermöglichen.
© andresen-presseservice/Horst Andresen